#24 - Was hat ein Pflaster mit geöffnetem Unterricht zu tun?
Shownotes
🩹 Der „Pflastertrick“ ist eine Veranschaulichung, die ich einsetze, wann immer in meinem Unterricht der Satz „Das ist aber unfair, dass der oder die das darf“ fällt.
Mit Hilfe dieses Bildes kann Kindern sehr gut verdeutlicht werden, dass Fairness nicht bedeutet, dass jedes Kind immer die exakt gleichen Angebote bekommt, sondern, dass jedes Kind eben genau das bekommt, was es auch wirklich braucht.
🩹 So weit, wie das in unserem Schulalltag eben möglich ist. Darüber hinaus spreche ich in der Folge darüber, dass es abgesehen von einzelnen individuellen Angeboten immer sinnvoll ist, seine Lernumgebung so weit wie möglich zu öffnen. Das federt „Unfair“ - Dynamiken nämlich schon präventiv wirklich gut ab.
Hilfreiche Links: https://mitvergnuegen.com/hotelmatze/riccardo-simonetti-2/
Transkript anzeigen
00:00:00: Und wir stellen uns vor, dieses Kind hat jetzt ziemlich arge Bauschmerzen. Auch etwas, was
00:00:07: wahrscheinlich viele Kinder kennen. Und dann sage ich wieder, Mensch, zum Glück habe ich
00:00:11: ja jede Menge Pflaster hier bereit liegen und kann dem Kind jetzt helfen. Und dann kommt
00:00:15: in der Regel wieder sehr deutlicher Widerspruch, das geht doch nicht, Pflaster bringen noch
00:00:19: gar nichts, wenn man Bauschmerzen hat. Dann überlegen wir auch hier wieder, was kann
00:00:25: denn hier unterstützen? Eine Wärmflasche, eine warme Soppe, trösten, was auch immer.
00:00:31: Hallo liebe Herzen zu einer neuen Folge von Herzschlag Schule, dem Podcast rund um alle Themen,
00:00:37: die die Schulwelt aktuell bewegen. Ich bin Saskia Nichtsial, Grundschullehrkraft, Bildungsaktivistin
00:00:44: und Autoren und medial eher unter dem Namen Liniert, Karriert bekannt. Dort berichte ich über
00:00:49: Themen wie Schulauf-Augenhöhe, über Elternzusammenarbeit oder auch, das liegt mir sehr am Herzen über
00:00:56: Neurodivergenz in Schule. Das meint so Aspekte wie ADHS, Autismuspektrum, Legasthenie und wie wir
00:01:03: diese Kinder auch ganz gut im System begleiten können. Ich setze mich ein für Veränderungen,
00:01:08: manchmal im ganz großen, klarem Appellrichtung Politik und manchmal auch in oder sehr häufig
00:01:14: auch in kleinen Schritten, die wir morgen schon als Lehrkräfte beispielsweise oder auch als Eltern
00:01:20: selbst gehen können. Ich bin außerdem Mama von drei Kindern, zwei davon sind schon in der Schule
00:01:25: und ich kenne daher also beide Seiten, die der Lehrkraft, aber auch die der Eltern. Ich freue
00:01:32: mich sehr, dass ihr heute wieder dabei seid, denn ich möchte mit euch über eines meiner liebsten
00:01:37: Bilder in Schulen sprechen, aber dazu gleich mehr. Ja, dieser Podcast ist so ein bisschen mein, wie
00:01:45: sage ich das jetzt, liebhaar bestück. Ich genieße es so sehr, hier mal ausführlicher überall das
00:01:51: sprechen zu können, was mir schulisch ebenso am Herzen liegt und ja, auf Social Media wird immer
00:01:59: alles irgendwie kürzer und kürzer und das ist auch völlig in Ordnung so. Ich finde total okay,
00:02:07: dass sich solche Plattformen wandeln und mein ADHS-Gehörn mag das auch, dass sich da immer
00:02:12: mal ein bisschen was verändert und gleichzeitig schätze ich darum diesen Kanal hier so,
00:02:19: weil ich hier einfach in die Tiefe gehen kann und wer mir schon länger zuhört weiß,
00:02:24: ausschweifen, das kenne ich ganz gut. Ja, auf jeden Fall steckt aber hinter diesem Projekt
00:02:29: keine riesige Produktion, kein riesiges Management und daher freue ich mich, wenn ihr das Ganze hier
00:02:36: unterstützt, indem ihr folgt, bewertet und empfiehlt. Das würde mir sehr helfen,
00:02:41: mich eben gut unterstützen, tausend Dank dafür und das war der kleine, feine Werbeblock. Jetzt geht's los.
00:02:49: Der Blick durchs Schlüsselloch. Ja, wir hatten gerade eine aufregende Zeit in Schule oder wir
00:02:58: haben eine aufregende Zeit in Schule. Irgendwie ist gerade diese Zeit vom Jahr die, wo unheimlich
00:03:04: viele Projekte laufen und auch viele so wieder kerne Schulfeste. Wir haben bald ein Wasserfest,
00:03:11: da sind wir mit der ganzen Schule im Schwimmbad immer sehr, sehr aufregend und es läuft irgendwie
00:03:16: alles jetzt. Jetzt wird es irgendwie wieder warm, es wird schön, es ist morgens halt nicht mehr stockdunkel
00:03:24: in den ersten ein, zwei Stunden. Das ist ganz nett. Wahrscheinlich liegt es auch deswegen,
00:03:29: da man kann einfach viel besser auch Sachen draußen machen. Ich mag das sehr und diese Woche haben
00:03:35: uns zwei Studentinnen besucht und haben sich an zwei Sachunterrichtsstunden versucht. Absolut
00:03:42: erfolgreich, das kann ich direkt dazu sagen und ich liebe diesen Austausch mit dem Lehrkraft
00:03:48: Nachwuchs. Ich nehme dann immer Zeit, damit wir eben auch zusammen nachbesprechen können, damit
00:03:53: ich stärken kann, damit ich Tipps geben kann. Das macht mir wirklich richtig viel Spaß und ja,
00:04:00: habe ich es sehr genossen. Ich überlege immer mal wieder, ob das vielleicht doch noch mal so ein
00:04:04: Weg sein könnte. Seminarleitung kann ich mir aktuell nicht vorstellen. Es ist einfach
00:04:10: zeitlich wirklich nicht drin, aber ich merke auch oder ich weiß nicht, ich bin so unsicher,
00:04:17: ob ich da wirklich so wirksam sein könnte, wie ich das gerne wäre. Aber ich schließe es mal
00:04:26: für die Zukunft nicht aus, nur jetzt ist es irgendwie, kann ich es mir nicht vorstellen,
00:04:30: auch organisatorisch und zeitlich eben, aber vielleicht so ein kleineres Ding an der Uni. Also,
00:04:36: falls jetzt jemand zuhört, der da ein schönes Angebot hat, immerher damit, da glaube ich,
00:04:44: könnte ich ganz gut andocken. Ich hatte jetzt immer mal wieder Kontakt mit Student*innen und durfte
00:04:49: dort auch schon ein, zwei Projekte machen. Und das hat mir mal sehr, sehr viel Spaß gemacht. Und
00:04:54: ich glaube, das ist von großem Wert es und auch für mich als Studentin von großem Wert war,
00:04:58: wenn jemand aus der Praxis kam und man gemerkt hat, da ist ja immer noch irgendwie Freude und
00:05:08: Leidenschaft für diesen Beruf da. Das ist auf mich immer sehr übergesprungen. Ja, außerdem musste
00:05:15: ich etwas in dieser Woche tun, was nun wirklich gar nicht zu meinen Stärken gehört. Und das ist
00:05:20: Backen. Also, ich musste nicht mal so richtig backen, ich musste eigentlich nur Teig machen. Wir
00:05:27: haben nämlich gerade im Sachunterricht das Thema Zähne und ich habe mit meinen Kids aus Salzteig
00:05:32: Gewisse geknetet. Das sieht immer richtig super aus, es macht wirklich was her, kann ich nur empfehlen.
00:05:37: Und hat tatsächlich auch geklappt und ich darf hiermit feststellen, Teig, der sowieso ohnehin
00:05:44: eklig schmeckt, den kann ich richtig gut. Also, das war nicht nur der Schlüssel, das war also
00:05:54: nicht nur der Blick durch Schlüsselloch, sondern auch mein Erfolgsmoment der Woche. Und ja,
00:06:00: von diesem kleinen Einblick geht es jetzt mal direkt ans heutige Thema. Der Titel dieser Folge
00:06:06: wirkt ja schon vielleicht ein bisschen dubios, was hat ein Pflaster mit gutem Unterricht zu tun?
00:06:12: Ist das ein Unterricht, in dem man sich viel bewegt und sich deswegen auch wehtun kann und
00:06:18: sich die Knie aufschürft? Nein. Ich verrate es euch, es gibt den sogenannten Pflaster-Trick oder
00:06:28: das Bild des Pflasters. Und es ist ein ganz besonderes Bild, dass ich nutze, um Kindern zu
00:06:36: verdeutlichen, dass Gerechtigkeit fern ist und angepasste Lernangebote nicht bedeuten,
00:06:42: dass immer für alle alles zur selben Zeit gleich ist. Und dieser Pflaster-Trick oder
00:06:50: dieses Bild, das gibt es schon eine ganze Weile, ich habe das vor auch echt einiger Zeit, ich würde
00:06:57: jahrelang sagen, mal bei Social Media gesehen und es taucht auch immer wieder neu in irgendwelchen
00:07:03: Videos auf und wird nochmal aufgegriffen. Ich habe das aus dem englischsprachigen Raum gesehen
00:07:10: damals dieses Video und es ist also nicht meine Idee gewesen, sondern irgendwie geistert dieser
00:07:20: ja dieses Bild schon eine ganze Weile durch die Lehrkraft-Community und ja ich weiß aber leider
00:07:28: nicht, ob es einen wirklichen, ich habe wirklich ein bisschen recherchiert, aber ob es da jetzt eine
00:07:32: Urheberin oder ein Urheber gibt. Ich kann aber nur sagen, es ist nicht von mir, ich habe das selber
00:07:38: in Videos gesehen und es gibt auch hier eine Menge Videos dazu, aber ich finde den einfach toll.
00:07:42: Und damit ich euch gut erklären kann, was das ist und wie das funktioniert, hole ich mal ein
00:07:48: klein bisschen aus, ich versuche es wirklich bei ein klein bisschen zu halten. Also prinzipiell
00:07:55: versuche ich ja meine Lernumgebung, also die Lernumgebung, die ich Kindern in meinem Klassenzimmer,
00:08:00: in meinem Unterricht, in meinem Schulalltag gestalte, die versuche ich so offen zu halten, wie
00:08:08: irgendwie möglich. Also soweit zu öffnen, wie mir das in meinem speziellen Schul-Setting möglich
00:08:16: ist und ich versuche auch, so gut es geht, alle Kinder von vornherein mitzudenken. Das heißt auch,
00:08:24: dass ich möglichst oft versuche, dass eben schon Angebote erstmal prinzipiell eigentlich allen
00:08:31: Kindern zur Verfügung stehen. Ganz simpel sind das Fidget toys, die eben nicht nur Kindern im
00:08:36: Autismus-Spektrum zur Verfügung stehen oder nicht nur Kinder mit ADHS oder oder, sondern die sind
00:08:42: Kinder und jedes Kind kann die nutzen und sich nehmen. Für jedes Kind gilt eine freie Platzwahl in
00:08:49: der Arbeitsphase, die dem gerecht wird, was man in dieser Arbeitsphase eben gerade für eine Arbeitsplatzgestaltung
00:08:56: braucht. Auch Kopfhörer stehen prinzipiell allen Kindern zur Verfügung. Also ich glaube, es ist
00:09:02: klar, worum es geht. Im klassischen Sinn ist es ganz oft so gewesen, dass Unterricht so gestaltet
00:09:09: ist. Es gibt da diese Klassenzimmer mit frontaler Sitzordnung und dann kennen wir das selber vielleicht
00:09:15: noch aus der Schulzeit oder haben das jetzt im jetzigen Schulkontext auch mal so erlebt, dass es
00:09:20: so bestimmte Vereinbarungen gibt und Regeln gibt und dann gibt es bestimmte Kinder, denen steht dann
00:09:26: eben irgendwas in Anführungstrichen besonderes zu. Und das Problem dabei ist, dass sowas erwiesener
00:09:34: Maßen Ausgrenzungs- und Mobbingdynamiken einfach verstärken kann oder sogar der Auslöser dafür
00:09:43: sein kann. Denn wenn Schule quasi sehr eng gefasst ist, dann bewegen sich da drin sehr viele Kinder,
00:09:51: die sich nicht richtig gesehen fühlen, die irgendwie ganz viel müssen, die sich übergangen
00:09:55: fühlen. Es ist einfach eine große Masse an Kindern, auf die das dann zutrifft. Und wenn dann das Gefühl
00:10:02: entsteht, einzelne Kinder bekommen eine Erleichterung, weil ihnen was Besonderes zusteht, was nicht
00:10:08: wirklich so ist. Die bekommen ja manchmal jetzt um Sachen, die heißen Nachteilsausgleich, wer jetzt
00:10:13: Lehrkraft ist, weiß, was das ist. Also gibt es einfach Dinge, die manchen Kindern zur Verfügung
00:10:19: stehen, damit ein Nachteil, den sie zum Beispiel mal aufgrund von der Neurodivergenz haben,
00:10:24: ausgerichtet wird. Das ist jetzt aber so im Erleben eines anderen Kindes nicht präsent.
00:10:31: Das denkt dann, ich finde Schule irgendwie auch anstrengend und irgendwie ist die auch nicht so
00:10:36: richtig gemacht hier diese Schule für mich. Ich kriege das aber nicht. Wie unfair ist das denn?
00:10:40: Und dann entstehen natürlich nicht Gefühle gegen das Schulsystem. Es entstehen entweder Gefühle
00:10:48: gegen die Lehrkraft. Also es sorgt dafür, dass bestimmtes Konfliktverhalten auch verstärkt
00:10:56: wird, weil einfach Kinder sehr, sehr lautstark einfordern müssen, dass sie auch gesehen werden
00:11:00: oder zu ihrem Recht kommen oder auch mal was zugestanden bekommen möchten. Oder diese negative
00:11:07: Gefühle gehen Richtung der vereinzelten Kinder, die eben irgendetwas angeboten bekommen.
00:11:14: Da geht dann die Wut hin und der Frust hin und dann sind wir eben ganz schnell in diesen
00:11:20: Ausgrenzungs- und Mobbingdynamiken. Und um das abzufedern, öffne ich eben die Lernumgebung
00:11:28: und versuche möglichst vielen Kindern von vornherein das Gefühl zu geben, hey, ich sehe was euch
00:11:35: so fordert und im Schulalltag und ich möchte euch Angebote machen. Jedes Kind darf die einfach
00:11:43: nutzen, so wie ihr das gerade in diesem Moment braucht. Und an der Stelle kommt jetzt, haben wir
00:11:51: schon immer so gemacht, der Denkanstoß. Diese Kategorie passt jetzt hier richtig gut, denn ich höre
00:11:59: ganz oft, wenn es eben darum geht, dass bestimmte Kinder vielleicht eine individuelle Unterstützung
00:12:07: brauchen oder wenn, also eigentlich wird es mir besonders oft präsentiert, wenn mir Eltern bei
00:12:12: Social Media privat schreiben und sagen, ach, ich finde das so toll, was da alles zur Verfügung
00:12:17: steht bei vielen zeitgemäßen Lehrkräften. Wir haben auch schon mal nachgefragt, ob nicht unser
00:12:24: Kind mal Kopfhörer tragen dürfte im Unterricht, unser Kind bräuchte das dringend und die Antwort
00:12:29: der Lehrkraft ist, nee, wenn ich dem das erlaube, dann wollen das doch am Ende alle. Und da möchte
00:12:36: ich unbedingt einen Denkanstoß in diese Richtung schicken. Ich habe ja eben sehr gut ausgeführt,
00:12:42: glaube ich, warum das so wertvoll sein kann, das vielleicht einfach wirklich allen zu erlauben
00:12:47: und sich aus dieser Haltung rauszuholen. Nee, ich darf doch das jetzt hier nicht allen zugestehen,
00:12:52: weil man vielleicht Angst hat, ne, so wenn ich jetzt den kleinen Finger reiche und dann dürfen
00:12:57: die das plötzlich alle, wer weiß, was sie dann als nächstes fordern. Es gibt viele Gründe,
00:13:02: die Lehrkräfte da zögern lassen, auch Gründe, die ich durchaus verstehen kann. Aber ich möchte
00:13:06: an dieser Stelle unbedingt den großen, großen Wert einer geöffneten Lernumgebung betonen,
00:13:13: denn wie gesagt reduziertes Konfliktverhalten in der gesamten Klassengemeinschaft und es
00:13:21: entlastet natürlich die Schüler*innen, die das ganz, ganz doll wirklich auch brauchen. Denn auch
00:13:28: wenn für alle bestimmte Dinge immer zur Verfügung stehen, sagen wir mal Fitchett-Hoyes, dann gibt es
00:13:34: Kinder, die finden das nice to have, wie man so schön sagt, die finden das ganz nett, die finden
00:13:39: es schön, die nutzen das auch gerne mal, aber die könnten jetzt auch irgendwie einen Weg finden,
00:13:44: wenn das nicht da wäre. Dann gibt es aber Kinder, zum Beispiel eben neurodivagente Kinder, die sind
00:13:51: darauf deutlicher angewiesen. Wenn es jetzt aber nur für sie zur Verfügung stehen würde, dann wäre
00:13:58: ein weiteres Mal ein Scheinwerfer auf sie gerichtet und wenn das eben neurodivagente Kinder sind,
00:14:03: dann sind die in der Regel ohnehin schon damit belastet, ständig unter einem bestimmten Scheinwerfer
00:14:08: und ja unter Beobachtung zu stehen, die fallen ohnehin meist schon auf. Und wenn dann auch noch
00:14:14: so eine in Anfangsstrichen Sonderbehandlung dazu kommt, dann wird dieses nicht immer schöne
00:14:20: Gefühl weiter verstärkt. Also ihr merkt schon in ganz viele Richtungen ist diese Öffnung unglaublich
00:14:26: wertvoll. So und jetzt. Kann es aber sein oder kann es nicht nur sein, sondern ist es auch so.
00:14:34: dass ab und an mal Dinge aus einem bestimmten Grund wirklich nur für einzelne Kinder zur
00:14:41: Verfügung stehen. Und das ist ja auch etwas gesamtgesellschaftlich sehr reales. Wir könnten
00:14:48: zum Beispiel auch theoretisch alle Sehhilfen tragen. Aber es macht natürlich Sinn, oder es ist
00:14:56: sinnvoll, dass das vorrangig für die zur Verfügung steht und von denen genutzt wird,
00:15:01: die das für Teilhabe auch wirklich, wirklich brauchen. Jetzt vielleicht ein bisschen hergeholt
00:15:09: das Beispiel, aber egal wie weit ich eine Lernumgebung öffne, es gibt manchmal Dinge,
00:15:14: die wirklich dann speziell für einzelne Kinder sind. Und bei mir passiert es jetzt weniger,
00:15:24: einfach weil schon so viel so offen ist, dass gar nicht mehr so dieses Gefühl bei Kindern besteht,
00:15:29: ich muss immer lautstark einfordern, wenn ich ja auch mal irgendwie was will und dieses eine
00:15:34: Kind dahinten kriegt immer eine Extrawurst. Darum gibt es den folgenden Satz bei mir nicht mehr so
00:15:40: häufig, aber der kann schon auch noch mal auftauchen. Und das ist der Satz. Das ist aber
00:15:47: unfair. Wieso darf die das und ich nicht? Und der Satz kann in ganz vielen Gestalten daherkommen,
00:15:56: aber ich glaube gehört haben wir Lehrkräfte, denen wahrscheinlich alle schon mal. Und wenn ihr
00:16:01: jetzt als Eltern zuhört, dann hört ihr den vielleicht auch zu Hause. Das ist nämlich etwas,
00:16:07: was manchmal gar nicht uns präsentiert wird als Lehrkraft, sondern es gibt ja durchaus auch
00:16:12: Kinder, die so in ihrer Charakterstruktur oder Persönlichkeitsstruktur dann in Schule,
00:16:16: dass irgendwie schlucken, wenn sie mal frustriert sind und das dann aber nach zu Hause tragen.
00:16:26: Und da dann dieser Satz fällt, das ist so unfair, die darf immer das und das und ich nicht oder wir
00:16:33: dürfen das nicht. Und dann kann man egal, ob jetzt im schulischen Kontext oder auch zu Hause mit dem
00:16:41: Flastertrick arbeiten. Wenn so ein Satz fällt, dann versuche ich schon, ihn eigentlich immer
00:16:49: aufzugreifen, weil er eben so wichtig ist und weil er eben der Beginn von ungünstigen
00:16:58: Klassengemeinschaftsstrukturen sein kann, wenn man den nicht beachtet oder den so laufen lässt und
00:17:03: nicht schaut, was steckt dahinter und was steht dahinter. Und deswegen sage ich auch immer wieder
00:17:10: so was nicht übergehen. Diesen Flastertrick oder dieses Bild muss man dann nicht jedes Mal machen,
00:17:17: das machen wir jetzt einmal sozusagen, vielleicht auch irgendwann, zweites Mal, aber dann verweise
00:17:22: ich dann später immer mal kurz darauf. Und ich nutze diesen Satz eben als Gesprächsanlass,
00:17:29: um zu zeigen, dass Fernes nicht bedeutet, dass immer alle das Gleiche bekommen. Das ist gar nicht
00:17:35: möglich und das ist auch nicht das reale Bild. Fernes bedeutet, dass alle das bekommen, was sie
00:17:42: individuell unterstützt, in diesem Fall spezifisch beim Lernen. Jedenfalls so weit wie das im schulischen
00:17:50: Kontext realisierbar ist. Und das kann man mit diesem Flasterbild veranschaulichen. Ich hol
00:17:56: dazu ein Kind nach vorne und sage dann, wir stellen uns jetzt mal alle vor, dieses Kind hat sich das
00:18:03: Knie aufgeschürft. So, dann kann man da auch noch kurz rein gehen in den Moment. Ja, dann überlegen
00:18:12: wir, was man jetzt bei diesem aufgeschürften Knie tun kann. Was kann man tun, um zu helfen? Was würde
00:18:18: dieses Kind jetzt unterstützen? Frische Luft, Trösten, eine Salbe, Saubermachen, Pflaster. Es
00:18:26: kommen ganz unterschiedliche Ideen. Dann sage ich, ja super, vielen Dank, das sind ganz tolle Tipps
00:18:32: und dann kommt das nächste Kind zu mir. Und wir nehmen an, dieses Kind hat ganz fürchterlicher
00:18:39: Kopfschmerzen. Und dann frage ich nicht, was kann man da tun, sondern sage super, dass ihr eben schon
00:18:46: so tolle Tipps hattet, jetzt kann ich dem Kind schnell ein Pflaster auf den Kopf kleben. Ja, und
00:18:52: auf dieser Aussage erfolgt in der Regel prompt der Empörung meiner Klasse und wir kommen ziemlich
00:18:58: schnell darauf, dass es hier jetzt eher was anderes braucht. Also zum Beispiel eine Kopfschmerz-Tablette,
00:19:03: Ruhe, etwas trinken und auch Trösten. Je nachdem, was so für Ideen kommen, dann sage ich wieder,
00:19:11: danke schön, das Kind setzt sich vielleicht wieder und das nächste Kind kommt. Und wir stellen uns
00:19:19: vor, dieses Kind hat jetzt ziemlich arge Bauchschmerzen, auch etwas, was wahrscheinlich viele Kinder
00:19:25: kennen. Und dann sage ich wieder, Mensch zum Glück habe ich ja jede Menge Pflaster hier bereitlegen
00:19:32: und kann dem Kind jetzt helfen und dann kommt in der Regel wieder sehr deutlicher Widerspruch,
00:19:35: das geht doch nicht, Pflaster bringen noch gar nichts, wenn man Bauchschmerzen hat. Dann überlegen
00:19:41: wir auch hier wieder, was kann denn hier unterstützen? Eine Wärmflasche, eine warme Soppe,
00:19:47: Trösten, was auch immer. Und Kinder verstehen hier sehr eindrucksvoll, dass Menschen in unterschiedlichen
00:19:56: Verfassungen sein können und dass Menschen in diesen unterschiedlichen Verfassungen eben auch
00:20:02: wirklich unterschiedliches brauchen. Es bringt dem Kind mit Bauchschmerzen nichts, wenn ich sage so,
00:20:09: damit du aber genau das Gleiche kriegst, wie das andere Kind kriegst du jetzt hier ein Pflaster.
00:20:13: Das ist eine nette Geste, aber es unterstützt das Kind nicht wirklich. Fair ist, dass alle Kinder
00:20:22: mit dem versorgt werden, was sie individuell brauchen und dass ihnen das so weit möglich zur
00:20:31: Verfügung steht. Und da kann man einen ganz guten Bogen anschlagen, wir besprechen dann von dort aus,
00:20:36: was uns jeweils beim Lernen hilft. Wenn ich merke, dass so Sachen sehr abstrakt sind, ich habe ja eher
00:20:42: die jüngeren Kinder, dann gebe ich erstmal ein Beispiel rein und sag, für mich zum Beispiel ist
00:20:49: beim Lernen total hilfreich, wenn ich meine Ruhe habe und mir Kopfhörer aufsetzen darf. Und ich
00:20:56: weiß aber auch von einigen Kindern, dass sie das richtig gerne mögen, auch zu Hause bei den
00:21:01: Hausaufgaben, wenn sie nicht ganz leise ist, sondern ein kleines Hörspiel im Hintergrund läuft. Und da
00:21:10: kann man gut besprechen, dass ich eben was anderes brauche als vielleicht das Nachbarkind. Gleichzeitig
00:21:18: lässt sich da aber eben auch ganz differenziert aufzeigen, dass es ein paar Dinge gibt, die allen
00:21:24: Menschen gleichermaßen gut tun. Und in diesem Veranschaulichungsbeispiel ist es die Zuwendung
00:21:28: und das Trösten. Und es war ganz, ganz nett. In meiner letzten Klasse, in der ich dieses Bild
00:21:37: ja besprochen habe oder wir dieses Bild genutzt haben, kam auch ganz schnell. Ja und das ist ja
00:21:44: schon gleich, Frau Nichtzel ist ja immer zu allen ganz nett. Also die haben das schon relativ gut
00:21:49: verstanden, worum es mir dabei geht. Und dann kam ein Kind, also ich hatte das in der Matheklasse
00:21:56: besprochen, dieses Bild und dann kam dann ihm ja, Frau Nichtzel ist ja immer zu allen nett und dann
00:22:03: sagt er dann noch, es geht ja, außer wir lachen, wenn sich jemand verrechnet. Dann ist sie ernst.
00:22:08: Und dann kam er darauf, dass das ja aber dann auch was Gleiches ist, denn ich bin ja zu allen,
00:22:14: die das tun, gleich ernst. Das hat sich sehr gut. Ja, war ein tolles Gespräch, müssen immer ganz,
00:22:22: ganz tolle Momente und Gespräche, die daraus entstehen. Ich habe dieses Bild schon eingesetzt
00:22:28: in einer ersten Klasse. Man muss ein bisschen auf die Klassendynamik gucken, auf wie früh
00:22:33: dieses Thema überhaupt so auftaucht. Also ich habe es gemerkt, in meiner jetzigen ersten Klasse
00:22:38: tauchte dieses Thema bisher noch gar nicht auf. Jetzt so ganz langsam merkt man, kommt es hier
00:22:45: unter und wir haben ja bald die Jubiläumsfeier zum Grundgesetz und da macht jede Lehrkraft ein,
00:22:56: bei uns wirklich nur ein kleines Miniprojekt, wenn es überhaupt eine Schulstunde geht, um einfach
00:23:04: ja auf diesen Tag aufmerksam zu machen. Das haben wir so beschlossen und ich werde mit meiner Klasse
00:23:11: über Gleichheit sprechen und Gerechtigkeit und Fährnis. Das ist ja auch ein Grundsatz,
00:23:20: der im Grundgesetz steht und jede Lehrkraft pickt sich sozusagen was raus und ich habe mir das
00:23:24: rausgepickt, weil es eben in meiner Klasse merke, ich so ganz, ganz dezent, dass es hier und da mal
00:23:30: ein Thema wird wirklich selten, aber wie gesagt wichtig darauf einzugehen und das ist jetzt ein
00:23:34: guter Moment dafür. Und dieses Bild mag ich einfach selbst so gerne, dass ich euch das mit an die
00:23:42: Hand geben möchte und man kann das eben so auch super mit seinem Kind zu Hause besprechen. Schau
00:23:48: mal, also jetzt stell dir mal vor, du hast dir die Knie aufgeschürft, was würdet ihr helfen? Und
00:23:54: jetzt stell dir vor, dein Bruder, der hat Kopfschmerzen und ich käme und würde in sein
00:24:01: Brauch ein riesiges Pflaster draufkleben oder der beste Freund je nachdem mit welchen anderen
00:24:06: Kindern man dann in dem Bild arbeiten kann. Ja, ich hoffe, dass dieser kleine, feine, aber so
00:24:14: wertvolle Impuls euch etwas an die Hand gibt, was ihr jetzt ganz konkret umsetzen könnt. Ich weiß
00:24:20: von Lehrkräften, dass das auch an weiterführenden Schulen in den jüngeren Klassen durchaus noch ein
00:24:27: gutes Bild ist. Später kann man das vielleicht ein bisschen lockerer rüberbringen, da muss man
00:24:32: das vielleicht nicht mehr so vorspielen, vielleicht kann man mit Jugendlichen auch schon auf eine
00:24:36: ganz andere Art und Weise darüber sprechen, aber so wäre der zeitliche Rahmen für diese Idee und
00:24:44: ja, wie gesagt, ich hoffe, dass euch das an dieser Stelle eine nette Anregung ist. Kommen wir noch
00:24:51: zur letzten Kategorie. "Abgespeichert" Ich war am Sonntag vor einer Woche bei einer für mich
00:25:00: ganz, ganz wertvollen Veranstaltung. Ich war bei einem Gespräch, so einem Interviewformat, das
00:25:07: bei uns im Schauspielhaus stattfand mit Ricardo Simonetti und einem Moderator dessen Namen
00:25:13: ich gerade vergessen habe und ich war sehr aufgeregt, denn seit vielen Jahren schätze ich, auch wenn man
00:25:19: es vielleicht jetzt nicht direkt so in Verbindung bringt, weil das nichts mit dem Schulkontext zu
00:25:25: tun hat, Ricardo Simonetti. Ich finde, dieser Mensch ist unglaublich aufgeräumt im Kopf,
00:25:31: das finde ich ganz faszinierend, kann sich sprachlich unheimlich gut ausdrücken, das finde
00:25:36: ich wirklich sehr bemerkenswert und es war ein Gespräch, das weit über anderthalb Stunden ging
00:25:44: und ich konnte und es ist nicht selbstverständlich, ich konnte anderthalb Stunden super zuhören und
00:25:51: das ganz besondere war, dass ich am Ende ihn treffen durfte, ich wurde backstage geführt,
00:25:57: durfte ihm ein paar Dankesworte entgegenbringen, übrigens meinen Impuls einfach mal, wenn ihr die
00:26:04: Möglichkeit habt, jemanden der euch eine wertvolle Sache mit auf den Weg gegeben hat, der euch zum
00:26:11: Umdenken angeregt hat, der einfach was nettes für euch getan hat, der euch den Schultag versüßt,
00:26:17: der die, was auch immer für euch bedeutet, immer mal wieder die Möglichkeit nutzen,
00:26:24: das auch zurückzumelden und mir fällt es wahrlich nicht leicht, so auf Menschen zuzugehen und es
00:26:33: im Schulkontext kein Problem, aber außerhalb dieses sicheren Rahms und meiner sicheren Rolle
00:26:38: fällt mir das total schwer und ich habe mich da selber wenden müssen, aber bin ganz stolz auf
00:26:44: mich, dass ich wirklich ein paar sehr große Dankesworte an Ricardo richten konnte, wir haben
00:26:50: ein Foto zusammen gemacht und das war für mich was ganz ganz besonderes, ja ich habe mir schon
00:26:56: ganz lange etwas abgespeichert und ich bin mir gerade gar nicht so sicher, ob ich es vielleicht
00:27:00: sogar schon mal empfohlen habe an dieser Stelle, falls ja schadet es überhaupt nichts, dass es
00:27:06: noch mal in die abgespeichert Kategorie kommt und zwar habe ich vor schon einiger Zeit ein ganz
00:27:14: wunderbares Interview gehört mit Ricardo Simonetti und seiner Mama und für alle, die mit Jugendlichen
00:27:21: arbeiten oder mit Kindern arbeiten oder eben Eltern sind von Kindern oder Jugendlichen ist
00:27:30: dieses Gespräch mit Sicherheit sehr sehr wertvoll. Ricardo hatte definitiv keine einfache Jugend,
00:27:37: war wirklich heftigen Mobbingerfahrungen ausgesetzt und in diesem Gespräch geht es darum, wie er damit
00:27:47: umgegangen ist und wie er das alles schaffen konnte, weil seine Mama an der Seite war und in
00:27:54: seinem Team gespielt hat und das war nicht immer einfach und es hat sich auch entwickelt und weil
00:27:59: Mobbing ein kleines Seitenthema des heutigen Themas ist, passt es an der Stelle ganz besonders,
00:28:05: auch wenn jetzt der Anders eben dieses Gespräch war, was ich gesehen habe und gehört habe und ja,
00:28:13: ich möchte euch das unbedingt mit an die Hand geben, kommt in die Show Notes, hört euch das an,
00:28:18: sehr inspirierend und vielleicht versteht ihr hinterher, warum ich diesen Menschen für das,
00:28:24: was er tut und für das, was er steht und für die Adenweise, wie er sich ausdrücken kann, so sehr
00:28:29: schätze. Ich kann mich nicht mehr ausdrücken, weil ich weiß gerade gar nicht, ob der Sand
00:28:33: grammatikalisch so richtig war. Darum werde ich jetzt ins Bett gehen und ich wünsche euch, wann auch
00:28:41: immer ihr diese Folge hört, entweder einen tollen Start in den Tag oder vielleicht auch gut Nacht
00:28:46: oder guten Appetit oder einfach eine gute Zeit. Bis zum nächsten Mal, Herzt zählt eure Saskent.
00:28:53: [Musik]
00:29:06: [Ausschrei]
00:29:08: Ich freue mich auch.
Neuer Kommentar